Nachdem wir in der JHB Ibenhorst nach einem ausgiebigen Frühstück aufgebrochen waren, führte unser Weg zunächst durch freie Felder und Wiesen, mit böigem, seitlich auftreffendem Westwind in Richtung Born am Bodden. Die Geradeausfahrt mit den Rädern wurde bald zu einem reinen kraftzehrenden Balanceakt.
Mit Unterstützung der westlichen Sturmböen nun im Rücken, die im Vergleich zum Vortag noch höhere Windgeschwindigkeit erreichten, passierten wir das kleine ehemalige Fischer- und Bauerndorf Born. Es liegt an der Darßer Südküste, zwischen Saaler und Bodstedter Bodden am Koppelstrom.
Die reetgedeckten Häuser mit ihren auffallenden, verschieden verzierten Türen und Giebeln erfreuen spontan jeden Besucher des Ortes, auch die in einem Vorgarten drapierte Metallkunst zog unsere Blicke trotz einsetzendem Regenschauer an.
Wir passierten den Hafen, den wir tags darauf mit dem Boot der Weißen Flotte erneut erreichen sollten, und näherten uns Wieck am Darß. Hier radelten wir durch den im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft gelegenen maritimen Ort mit seinen ehemaligen Kapitänshäusern und waren für kurze Zeit dankbar, im Windschatten des Darßer Waldes uns bewegen zu dürfen. Im Sportboothafen ließen sich einige sehr schöne Zeesenboote aus der Zeit der Segelfischerei bestaunen.
Außerhalb des Ortes galt es nun wieder zu „beißen“, was das Vorwärtskommen bis Prerow betraf. Parallel zum Prerower Strom ging es auf einem gut asphaltierten Radweg durch eine sich endlos anfühlende Offenlandschaft. An dieser Stelle sei mein Dank an die E-Biker unter uns gerichtet, die den ‚Normalos‘ entweder ihren Windschatten spendeten oder sie sogar gegen den Sturm mit Schiebehilfe unterstützten.
Prerow/Krabbenort empfing uns schließlich mit seinem Boddenhafen, einem mehrfach mit der ‚Blauen Flagge‘ ausgezeichneten Hafen. Hier starten auch Fahrgastschiffe zu den Boddenrundfahrten. Die aus dem 18. Jahrhundert stammende Seemannskirche in Prerow war unser nächstes Ziel. Sie ist die älteste Darß-Kirche und diente in früheren Zeiten als Orientierungspunkt für die Seefahrt. Die Hohe Düne bei Prerow bot einen Blick aufs Meer, den Prerowstrom und die Boddenlandschaft.
Dort, wo sich einst die alte Seebrücke befand, entsteht z. Z. die mit über 700 m längste Seebrücke im Ostseeraum. Sie soll zum Saisonstart 2024 fertig sein und in einem hufeisenförmigen Hafen die Boote der Seenotretter aufnehmen können. Momentan sind diese noch am Darßer Ort stationiert. Der neben der Seebrücke liegende bis zu 100 Meter breite und fünf Kilometer lange Prerower Nordstrand gilt auch als einer der schönsten Strände in Deutschland.
Nach einer kleinen Stärkung an den am Hauptübergang gelegenen Imbissbuden, die mit Fisch- und Krabbenbrötchen Appetit machten, traten wir den weiteren Weg zum Darßer Leuchtturm an. Den letzten Weg legten wir zu Fuß über einen durch die Dünen führenden Bohlenweg zurück. Ein Teil unserer Gruppe ließ es sich nicht nehmen und durchwanderte den gesamten Bohlenweg nach einem kurzen Strandlauf.
Nun nahm er uns vollends in Empfang: der sogenannte ‚Darßer Urwald‘. Hier kann man Wald in seiner ursprünglichsten Form entdecken. Wurzelig, verwunschen und moosig. Mit seinen in Strandnähe vom Sturm geprägten ‚Windflüchtern‘ und der Dichte seines Bewuchses, spendete er uns einen erfreulichen Schutz gegen die immer noch vorhandenen Sturmböen. Meterhohe Farne säumten dicht an dicht den Boden unter dem Erlen-Bruchwald. Rotbuche- und Dünenkiefernwälder wechselten sich ab.
Auf einem Abzweig vom ‚K-Gestell‘, einem mit Rädern gut befahrbaren Hauptweg durch den Darßer Wald, gelangten wir nach knapp zwei Kilometern auf einem naturbelassenen Weg an den stürmischen Weststrand der offenen Ostseeküste. Hier wollten sich meine Radlerfreunde nun endlich in die ersehnten tobenden Wellen stürzen. Allerdings – nicht ohne meiner kleinen, aber sehr nachdrücklichen Ansage: Niemals hinausschwimmen! Es ist bekannt, dass die Ostsee an diesem wilden Weststrand immer wieder ihre Opfer findet.
Auch Petrus hatte mit uns nun ein Einsehen, denn zum Nachmittag lockerte der Himmel zumindest im Bereich des Weststrandes auf und es zeigte sich sogar für kurze Zeit die Sonne. Einfach eine runde Sache, die uns neben der traumhaften Landschaft zusätzlich ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Die Wildheit und Abgeschiedenheit dieses Strandes führten dazu, dass er mehrfach zu einem der schönsten Strände Deutschlands und Europas erklärt wurde. Zu einem der 10 schönsten Strände der Welt nominierte Arte sogar den Weststrand.
Zurück auf dem ‚K-Gestell‘, führte uns der Weg geradlinig durch den ‚Urwald‘ zurück zur JHB. Wir parkten unsere Räder und begaben uns mit den PKWs zu einem Ristorante an der Bäder Straße in Born. Hier ließen wir den erlebnisreichen Tag in geselliger Runde bei einem leckeren Tiramisu ausklingen.
Bernd F. Bernhard
DWV-Wanderführer®
Weitere Impressionen finden sich in der Tourenaufzeichnung bei komoot: https://www.komoot.de/tour/1194588182