Schon im Vorfeld zu dieser Wanderung, die mit einer Stadtbesichtigung von Brandenburg beginnen sollte, machte sich reges Interesse bemerkbar. Desto näher das Datum rückte, umso mehr Anmeldungen konnten von mir registriert werden. Und dies, trotz angekündigtem Regenwetter. Schließlich fanden sich immerhin 23 Wanderinnen und Wanderer bereit, nicht nur Historisches zu einzelnen Bauwerken der Stadt zu erfahren, sondern sich begierig auch an der Suche nach Loriots versteckten, plattnasigen und gehörnten Waldmöpsen zu beteiligen. Sie wurden im Gedenken an den Brandenburger Ehrenbürger Vicco von Bülow im Stadtgebiet „ausgewildert“.
Die von mir konzipierte ca. 20 km lange Wanderung starteten wir pünktlich um 10:00 Uhr am Hbf. Brandenburg bei noch heiterem Wetter. Der Weg führte zunächst durch die Bahnhofspassage und Kleine Gartenstraße zur Kirchhofstraße, in die wir nach rechts abbogen. Vis-à-vis des Neustädtischen Friedhofs traf absprachegemäß noch ein Wanderpärchen aus Magdeburg mit einer ausgesprochenen Punktlandung zu uns und wir überquerten danach gemeinsam den Havelkanal über die gläserne Paulibrücke. Sie ist ausschließlich Fußgängern und Radfahrern vorbehalten. Seit April 2011 verbindet die Brücke den Hauptbahnhof mit der Innenstadt.
So standen wir auch bald vor dem ehemaligen Dominikanerkloster St. Pauli. Es beherbergt heute das Archäologische Landesmuseum und bietet mit seinen wunderschönen Glaskunst verzierten Räumen eine Möglichkeit zur Anmietung für Musikveranstaltungen und Hochzeiten. Hier trafen wir auf unseren ersten Waldmops. Danach begaben wir uns Richtung Nordosten. Über Paulinen- und Steinstraße gelangten wir zur Kirche St. Katharinen, einer dreischiffigen Hallenkirche im spätgotischen Stil und größte Kirche der Stadt. Einst war hier König Gustav Adolf vor seiner Überführung nach Schweden aufgebahrt.
Am dicht danebengelegenen Fritze-Bollmann-Brunnen, der einem Brandenburger Original gewidmet ist und ein begehrtes Fotomotiv darstellt, stimmten einige Wanderinnen aus der Gruppe das bekannte Spottlied auf den ehemaligen Barbier an, der auf dem Beetzsee aus seinem Angelkahn gefallen sein soll: „In Brandenburg uff´n Beetzsee, da liegt een Äppelkahn und darin sitzt Fritze Bollmann mit seinem Angelkram…“.
Rechts und links neben dem knapp 29 m hohen Neustädter Mühlentorturm begegneten uns weitere drollige Waldmöpse – aber nicht nur diese: eine viel früher als erwartete rabenschwarze Wolkenwand kam rasend schnell auf uns zu. Kaum hatten wir einen herrlichen Blick über den sich hier in einer Ausbuchtung verlaufenden, recht breiten Stadtkanal und dem sich dahinter präsentierenden Dom St. Peter und Paul geworfen, da prasselten die ersten fetten Regentropfen auf uns nieder. Ein kurzer Blick auf das Regenradar signalisierte: das wird dauern…
Ein Rundumblick nach einem schützenden Unterstand war mehrheitlich angesagt. Letztlich „retteten“ wir uns unter zwei alleinstehende, große und dichte Laubbäume in unmittelbarer Nähe zum Kai und hofften hier die Wetterunbilden abwettern zu können. Eine Brandenburger „Insiderin“ aus der Gruppe machte mich auf eine versteckt gelegene, besonders gute Restauration in unmittelbarer Nähe aufmerksam. Aber zwischen Hoffen und Bangen wurden die Regenutensilien aus den Rucksäcken gekramt. Nach einer verlorenen halben Stunde und etwas Wetterberuhigung stiefelten wir bei schwülwarmem Niesel-Piesel-Wetter über den Mühlendamm zur Bootsschleppe an der „Näthewinde“ und hinüber auf die Dominsel.
An der Gabelung St. Petri / Domlinden befand sich ein weiterer Waldmops vor Skulpturen der griechischen Mythologie: Es sind die Nymphe Galateia und die sie umgebenden drei Tritonen, halb Mensch halb Fisch. Wir bestaunten eines der ältesten Gebäude der Stadt: die Kapelle St. Petri, bevor wir uns in den Hof des Domes St. Peter und Paul, der „Mutter aller märkischen Kirchen“, begaben. Er wurde 1165 aus roten Backsteinen errichtet.
Ein ortsansässiger Wanderfreund schlug entgegen meiner Planung vor, über Burgweg, Näthewindebrücke und entlang am Triebwerkskanal sowie der Jahrtausendbrücke zum Altstädtischen Rathaus zu laufen. So sparten wir uns zwar die doppelte Passage über den Grillendamm, mussten dafür aber auch auf die Möpse im Humboldhain verzichten, was uns aber bei wieder zunehmendem Regen nicht allzu schwerfiel. Dafür statteten wir Undine und dem Historischen Hafen einen Besuch ab. Vor dem Rathaus befindet sich ein weiteres Fotomotiv. An einem Brunnen richtet sich diesmal ein possierlicher Mops auf, als wolle er aus dem Brunnen saufen. Wie seine Artgenossen ist er etwa 50 cm groß und aus Bronze gegossen. Nicht wenige von ihnen fanden leider neue „Besitzer“.
Hier ein Link zu der informativen Seite „ Denkmale, Skulptur und Plastik in Brandenburg (Havel): https://www.brunnenturmfigur.de/index.php?cat=Figur%20und%20Relief%2F%C3%BCberall%20in%20Deutschland&page=Brandenburg%20%28Havel%29
Unsere Regenklamotten wirkten bei dem schwülwarmen Wetter wie eine Sauna und wer nicht von außen nass wurde, wurde es schließlich von innen. All dies verdrießte uns ein schnelleres Vorankommen und zusammen mit dem „erarbeiteten“ Zeitverlust beim Versuch des Abwetterns stellte sich auch Verspätung ein. Einige Wanderfreunde gaben auf und verabschiedeten sich. Die verbliebende Gruppe kam überein, nun auf direktem Wege, über Mühlentorstraße und Ev. Kirche St.-Gotthardt, die Marina „Schoners Wehr“ in der Krakauer Straße anzusteuern. Hier hatte ich Plätze zur Einkehr auf der überdachten Terrasse am Wasser reservieren lassen. Koch „Thomas“ bereitete eine so hervorragende regionale Küche, dass – mehr als erwartet – meine Wanderer sich zu größeren Gerichten sehr früh hinreißen ließen. Schon der Duft, der aus der Küche verströmte, ließ diesmal das Wasser im Munde zusammenlaufen…
Auch der „monotone“ Regen, der auf das Vordach tropfte, motivierte nicht gerade zum Aufbruch. Und so kam es, wie es kommen musste: die Gruppe, die aus vielen motivierten, aber meist neuen Teilnehmern mit unterschiedlichster Kondition bestand, ließ den Zeitplan weiter in Verzug geraten, wofür ich allerdings Verständnis zeigte. Schließlich brachen wir mit gut gefülltem Magen, dem Regen trotzend, über die Brücke der Vorstadtschleuse, „die Wiege der Mark“ verlassend, in Richtung Klein Kreutz auf.
Auf dem asphaltierten Rad- und Fußgängerweg, der in einigem Abstand parallel zur L91, der Krakauer Landstraße verläuft, kamen wir bei nachlassendem Regen relativ zügig voran. Kurz vor Klein Kreuz wechselten wir die Straßenseite und begaben uns über einen Feldweg zur im Stile einer Saalkirche errichteten Dorfkirche von Klein Kreutz.
Um sicher zu stellen, dass auch die langsameren Wanderer den zweistündlich fahrenden Bus 558 für die Rückfahrt erreichen konnten, beschloss ich die angedachte Wanderung nach Weserarm im Ort zu beenden. Während ein Teil der Wanderer schnellen Fußes noch nach Saaringen eilte, suchte ich mit der größeren Gruppe eine kleine verwunschene Bucht an der Havel auf. Hier stürzten sich am Wasser in der schwülen Luft allerdings blutrünstige Schwärme von Mückenweibchen auf die nackten, aber auch bedeckten Körperteile, sodass wir wieder die Flucht ergriffen.
Kurz bogen wir nach rechts in Richtung Saaringen zum Grünen Tunnel ab. Dieser Weg verläuft auf der ehemaligen Bahntrasse der Westhavelländischen Kreisbahnen und verband einst die Ortschaft Roskow mit Brandenburg. Heute führt dort ein schmaler schattiger Weg entlang eines grünen Fließes, umrahmt von einem ebenso tunnelartigen Grün. Nochmals verabschiedeten sich einige Wanderer hier flotten Fußes nach Saaringen, um dann letztlich wieder mit uns im 15 min verspäteten Bus zusammenzutreffen, der uns gemeinsam zurück nach Brandenburg brachte.
Wegen der vorzeitig abgebrochenen Wanderung erreichten mich inzwischen schon einige Anmeldungen aus der Gruppe für meine im September geplante Tour von Ketzin nach Klein Kreutz, immer parallel zur Havel (Wandern im traumhaften Havelland: Immer Havel abwärts. https://www.maerkischer-wanderbund.de/event/wandern-im-traumhaften-havelland-immer-havel-abwaerts/ ) Auf dieser Tour ist eine Teilnahmevoraussetzung, dass die Wanderer ein Tempo von 5 km in der Stunde über die Länge der gesamten Strecke durchhalten können.
Bernd F. Bernhard
DWV-Wanderführer
Weitere Impressionen finden sich in der Aufzeichnung dieser Tour bei komoot: https://www.komoot.de/tour/1235088513