Auf diese Fahrradtour über knapp 70 km hatte ich mich schon lange gefreut. Eine angemeldete Gruppe von 13 ausgesprochen sympathischen Radlerfreunden startete mit mir pünktlich um 10:00 Uhr am Hbf. Brandenburg. Besonders freute ich mich, dass auch drei Radwanderfreunde aus dem entfernten Dessau zu diesem Event fanden.
Der Weg führte uns zunächst durch die Bahnhofspassage und Kleine Gartenstraße zur Kirchhofstraße, in die wir nach rechts abbogen. Wir überquerten danach gemeinsam den Havelkanal über die gläserne Paulibrücke. Sie ist ausschließlich Fußgängern und Radfahrern vorbehalten. Seit April 2011 verbindet die Brücke den Hauptbahnhof mit der Innenstadt.
So standen wir auch bald vor dem ehemaligen Dominikanerkloster St. Pauli. Es beherbergt heute das Archäologische Landesmuseum und bietet mit seinen wunderschönen Glaskunst verzierten Räumen eine Möglichkeit zur Anmietung für Musikveranstaltungen und Hochzeiten. Hier trafen wir auf unseren ersten Waldmops. Danach begaben wir uns Richtung Nordosten. Über Paulinen- und Steinstraße gelangten wir zur Kirche St. Katharinen, einer dreischiffigen Hallenkirche im spätgotischen Stil und größte Kirche der Stadt. Einst war hier König Gustav Adolf vor seiner Überführung nach Schweden aufgebahrt.
Am dicht danebengelegenen Fritze-Bollmann-Brunnen, der einem Brandenburger Original gewidmet ist und ein begehrtes Fotomotiv darstellt, erinnerte ich an das bekannte Spottlied auf den ehemaligen Barbier, der auf dem Beetzsee aus seinem Angelkahn gefallen sein soll: „In Brandenburg uff´n Beetzsee, da liegt een Äppelkahn und darin sitzt Fritze Bollmann mit seinem Angelkram…“.
Wir fuhren zum „Sonnendeck“ an der Näthewinde, wo rechts und links neben dem knapp 29 m hohen Neustädter Mühlentorturm weitere drollige Waldmöpse uns begegneten. Leider hatte der bekannte Fischer am Mühlendamm sonntags geschlossen, sodass wir hier, wie auch später am Plessower See, nicht in den Genuss leckerer Fischbrötchen gelangten. Verhungern sollte allerdings niemand, hatte ich doch gleich in zwei Gaststätten Tische für unsere Gruppe reserviert.
Vor den Skulpturen der griechischen Mythologie: es sind die Nymphe Galateia und die sie umgebenden drei Tritonen, halb Mensch halb Fisch, begrüßten wir den nächsten Waldmops und umrundeten danach den 1165 mit roten Backsteinen erbauten Dom St. Peter und Paul, die Mutter aller märkischen Kirchen.
Nach einem kurzen Abstecher auf die dahintergelegene Domstreng- oder auch Himmelsbrücke, die uns einen vortrefflichen Blick auf den Dom, aber auch auf das historische, sanierte Bootshaus sowie auf die Ziegelbauten der ehemaligen Burgmühle und ihrem Speicher gewährten – indem heute über 64 Wohnungen integriert sind – verließen wir Brandenburg in Richtung Wust.
Über Potsdamer- und Berliner Straße näherten wir uns der Wuster Straße, bogen links in sie ab und umfuhren somit einen Teil der vom Verkehr stärker frequentierten B1. Vor der Brücke über den Emster Kanal ging es erneut nach links auf einen schmalen, verwunschenen und naturbelassenen Single Trail parallel zur Emster. Kurz vor dem Feuchtgebiet an der Krummen Havel überquerten wir den Kanal und gelangten auf den Weg „Havelufer“, dem wir bis zum Schloss Gollwitz, einer heutigen Begegnungsstätte für unterschiedliche Kulturkreise und Religionen, folgten.
Entlang am Havelnebenarm, dem Mittelbusch, dem Götzer Berg und den mit Havelwasser gefluteten Deetzer Erdelöchern, die einst zur Tonerde Gewinnung dienten, näherten wir uns dem Havelstübchen. Hier wurden wir freundlich von den Betreiberinnen empfangen und bestens versorgt. Das Havelstübchen, direkt am Havelradweg gelegen, ist immer wieder eine Empfehlung wert.
Gut gestärkt machten wir uns bei bestem Wetter und Temperaturen um die 28° C wieder auf den Weg und stoppten kurz an der Badestelle der Fliederhavel. So verlockend ein kleines Bad in der Havel auch war, so sehr drängte der Zeitplan. Weiträumig umfuhren wir die begrünte Bauschuttdeponie und den Trebelberg, bevor wir uns einen Blick über den Trebelsee gönnten.
Durch eine traumhafte Naturlandschaft entlang der Ketziner und der Phöbener Havel, mit unzähligen Schwärmen von Wildgänsen, näherten wir uns auf einem asphaltierten Deichweg schließlich dem Ort Phöben. Über die Straße an der Alten Schmiede, der Schmergower Straße, dem Phöbener Bruch und der Kemnitzer Dorfstraße trafen wir beim Gasthof „Zum Rittmeister“ mit nur leichter Verspätung ein. Während wir auf unser Essen unter schattenspendenden Kastanienbäumen warteten, informierte ich die Teilnehmer über die Historie dieses Ortes.
Gut gestärkt, fuhren wir unter der Autobahnbrücke vom Berliner Ring (A10) hinüber an den Großen Plessower See und weiter über den Zolchower Weg zum Ort Plessow, wo wir nach links in die „Morgenstücke“ abbogen. So ersparten wir uns ein Teilstück der B1, auf die wir kurz vor Glindow wieder trafen. Am leider schon geschlossenen Fischerhof Kühn vorbei, verlief unser weiterer Weg recht fordernd über Kilometer bergauf und entlang am Strandbad Werder. Über Kemnitzer Chaussee und Kesselgrundstraße näherten wir uns dem Bahnhof Werder. Hier verabschiedeten sich die ersten Teilnehmer von der übrigen Gruppe.
Von der architektonisch mit ihren Aussichtskanzeln gut gelungenen neuen Havelbrücke, ließen wir die Blicke weit über den Großen Zernsee, aber auch zur Insel Werder mit ihrer weit sichtbaren Heilig-Geist-Kirche schweifen, die Theodor Fontane einst als Kleinstadtkathedrale bezeichnete.
Von Wildpark West führte unser Weg vorbei am Gut Schloss Golm. Die beiden mittlerweile miteinander in Lebenspartnerschaft lebenden Musikerinnen vom deutschen Pop Duo Cora und Swetlana von Bottlenberg restaurierten das in früherem Familienbesitz befindliche Gut Schloss Golm und betreiben jetzt hier, direkt am Havelufer, gemeinsam einen gehobenen Restaurant- und Hotelbetrieb.
Am 68 m hohen Reiherberg entlang kamen wir zur baumgesäumten Lindenallee, einer Sichtachse, die schnurgerade auf das Neue Palais zuführte. Im Park Sanssouci wählten wir den für Fahrräder freigegebenen Ökonomieweg, der uns vorbei am Chinesischen Haus führte. Über den Weg „Am Grünen Gitter“ verließen wir den Park und fanden uns kurz darauf auf dem Luisenplatz mit seiner sprudelnden Wasserfontäne und dem von der untergehenden Abendsonne angestrahlten Potsdamer Brandenburger Tor ein.
Über Schopenhauer und Breite Straße näherten wir uns dem Landtag. Auf dem Alten Markt ließen wir die Architektur des Obelisken vor der Nikolaikirche zusammen mit dem Ensemble der umliegenden Gebäude, wie dem Museum Barberini, auf uns wirken.
Nach einem kleinen Abstecher über die Freundschaftsinsel, die durch die „Alte und Neue Fahrt“ zwischen zwei Havelarmen liegt und seit der Bundesgartenschau von 2001 wieder zu einem neugestalteten Naherholungsgebiet wurde, trafen wir auf unser heutiges Tagesziel: den Hbf. Potsdam.
Hier hieß es voneinander Abschied nehmen, wobei die begeisterten Teilnehmer mir für die Gestaltung der Tour ihren aufrichtigen Dank aussprachen und ihre Teilnahme auch an kommenden Veranstaltungen zusagten.
Bernd Ferdinand Bernhard
DWV-Wanderführer® und ZNLer (BANU)
Weitere Impressionen zu dieser Radwanderung finden sich in der Aufzeichnung der Tour bei komoot: https://www.komoot.de/tour/1313976202