Nachdem alle WetterApps für Sonnabendnachmittag durchgehendes Regenwetter prognostiziert hatten, haben viele meiner Wanderfreunde von ihrer Anmeldung Abstand genommen. Somit verschob ich die Wanderung auf den zweiten Adventssonntag, worauf allerdings sich nur eine Handvoll der angemeldeten Teilnehmer einfand. Ziel der heutigen Wanderung sollte der „Böhmische Weihnachtsmarkt“ auf dem Babelsberger Weberplatz sein.

Bei tristem Herbstwetter, der Nieselregen verabschiedete sich nach der Bahnhofspassage in Wannsee für den Rest des Tages, bogen wir zügig nach rechts parallel zur Bahntrasse ab. Wir überquerten die Potsdamer Chaussee um die vis-á-vis gelegenen Treppenstufen zu erklimmen. Der Weg führte uns zur Revierförsterei Dreilinden, die wir linkerhand liegen ließen.

Nach Überquerung des Stahnsdorfer Damms kamen wir an der Schießanlage Range Rose vorbei. Mitten im Wald gelegen, wurde das 7 ha große Gelände seit 1928 von der Deutschen Versuchs- und Prüfanstalt für Jagd- und Sportwaffen genutzt. Das gut ausgebaute Gelände wurde sogar für die olympischen Schießwettbewerbe von 1936 genutzt. Später trainierte auf der Anlage das US-Militär und die Berliner Polizei. Heute obliegt die Nutzung u.a. wieder der DEVA.

Auf dem Kurfürstenweg kamen wir gut voran. Nach ca. 400 m verließen wir ihn und bogen nach rechts, vorbei am Tatarenteich, in Richtung Kneippweg ab. Nach knapp einem Kilometer kam der Kneippbrunnen in Sicht. Anders als bei komoot oft beschrieben, förderte die örtliche Pumpe tatsächlich Wasser. Unser Wanderfreund musste nur lange genug pumpen, damit das Grundwasser nach oben befördert wurde. Hier kann man in warmen Sommermonaten seine heiß gelaufenen Füße im Brunnen hervorragend kühlen…

Bald darauf näherten wir uns dem Großen Fenn, einem Eldorado für Wildschweine. Das Kesselmoor ist ein Überbleibsel des ehemals hier gelegenen Sees. Es finden sich noch seltene Arten von Fauna und Flora.

Hinter dem Moor wandten wir uns nach rechts auf den Teerofenweg und unterquerten die Bahntrasse am Bürgermeister-Stiewe-Weg, um uns anschließend bald nach links in Richtung Kohlhasenbrücker Straße zu wenden, die wir passierten.

Wir überquerten den Griebnitzkanal auf der Hubertusbrücke, von der sich ein herrlicher Blick auf das am Wasser gelegene Ciao-Restaurant und dem Pohlesee bot. Nun wanderten wir entlang am Ufer auf der Griebnitzsee-Promenade und kamen an der Mündung des gegenüber liegenden Teltowkanals vorbei. Am anderen Ufer erblickten wir zahlreiche historische Villen, so die Villa von Arnim, die Villa Achenbach, die Villa Berglas, die Villa Zar und die Villa Seeling. Sie unterlagen zahlreichen Enteignungen, nicht nur durch die Nazis, sondern auch durch die Russen.

Vom Admiral-Scheer-Blick konnten wir einen wunderbaren Blick über den Teltowkanal bzw. dem Griebnitzsee werfen. Hier lädt eine kleine Bank zur Rast ein. Entlang der Bäke näherten wir uns Klein-Glienicke mit seinen von Prinz Carl errichteten Häusern im Schweizer Stil. Wir überquerten die Parkbrücke und gelangten so in den Park Babelsberg.

Auf dem Weg um das sich erhebende Gelände des Babelsberger Parks kamen wir an einer Lichtung vorbei, über die man einen weiten Bick zum illuminierten Flatowturm auf der Anhöhe hatte. Er stellt eine Anlehnung an das Eschenheimer Tor in Frankfurt/M da. Bei inzwischen eingetretener Dunkelheit hob sich dieser hervorragend gegen den Abendhimmel ab. Links von uns lag das Karl-Liebknecht-Stadion.

Am Tor II vom Babelsberger Park angekommen, ging der Puls für kurze Zeit in die Höhe und das lag nicht am zurückgelegten Wandertempo. Das schmiedeeiserne Tor war vielmehr verschlossen und bremste uns kurz vor dem Ziel aus.

Ein flaues Gefühl machte sich langsam breit. Der Sicherheitsdienst, dessen Telefonnummer ich von einem Schild entnehmen konnte, war in Berlin unterwegs. komoot weist hier nicht einmal ein Tor aus.

Eine zufällig vorbeikommende Polizeistreife klärte uns über den Sachverhalt auf. Grund für die vorzeitige Schließung des Tors zur Grenzstraße war das Fußballspiel zwischen Chemie Leipzig und dem SV Babelsberg 03 in dem benachbarten Stadion. Dieses war als Risikospiel eingestuft worden. Der freundliche Polizist kletterte sogar noch über das Tor und wollte uns zum nächsten Tor in der Dunkelheit begleiten. Auch im bewohnten Pförtnerhaus war niemand in der Lage das Tor zu öffnen, womit nun wirklich nicht gerechnet werden musste. Das Spiel endete übrigens 3 – 1 für Babelsberg.

Mit einem Umweg von gut 600 Metern nahmen wir dann Kurs in Richtung Karl-Liebknecht-Straße, die uns durchs Weberviertel führte. Die Kolonie böhmischer Weber geht auf eine Initiative von Friedrich des Großen zurück. Wir erreichten schließlich den noch gut frequentierten Böhmischen Weihnachtsmarkt, wo sich jeder nun nach Lust und Laune ins Getümmel stürzen konnte. Auf der Bühne trat gerade ein Musikerquartett in böhmischer Tracht auf. Die sächsische Rauchwurst, mit der ich mich stärkte, war ausgesprochen lecker und das Bier schmeckte vorzüglich dazu.

Als besonders angenehm empfand ich es, dass es vor Ort keine Karussells oder ähnliche Rummelattraktionen gab, sondern Handwerker, Händler, Künstler und Gastwirte böhmische Traditionen aufleben ließen.

Die Heimfahrt traten wir dann vom nahegelegenen Bahnhof Babelsberg an, womit ein wunderschöner Wandertag endete.

Bernd Ferdinand Bernhard

Zertifizierter DWV-Wanderführer®
Zertifizierter Natur- und Landschaftsführer (BANU)
Spezialisiert auf Mehrtages-, Nacht- und Radwanderungen

Weitere Impressionen finden sich in der Tourenaufzeichnung bei komoot: https://www.komoot.com/de-de/tour/1978763949