Ein dreifach Hoch auf unsere Deutsche Bahn, die nach wochenlangen Baumaßnahmen nun endlich wieder einmal auf der Strecke vom RE7 verkehrte. Nur nicht mit dem nötigen Potential ausgestattet, um die Mitnahme von Radausflüglern, die nicht nur bei einem schönen Spätsommertag an der von mir angebotenen Tour auf dem Brandenburg-Radweg, sondern auch an der Fläming-Burgenradtour im Hohen Fläming teilnehmen wollten, zu gewährleisten. Im Gegenteil: die Züge, mit ihren ohnehin minimalistischen ‚Radabteilen‘, wurden zum Wochenende auch noch mit weniger Wagons als wochentags eingesetzt.

Wehranlage Burg Eisenhardt, Bad Belzig

So blieb es nicht aus, dass Teilnehmer meiner Brandenburg Tour nach einer Stunde Wartezeit in Wannsee sogar vom Zugpersonal des zweiten Zuges an ihrer Mitfahrt gehindert wurden. Wahrlich keine Werbung für den ÖPNV in Deutschland! Wollte man nicht die Menschen vom Individualverkehr gewinnen?

Landratsamt Potsdam-Mittelmark

Nach einer angemessenen Wartezeit und Rücksprache mit den ‚Liegenbleibern‘ starteten wir in Bad Belzig unsere Radwanderung auf der 18. und damit letzten Etappe der Brandenburg Tour. Vom Hohen Fläming sollte sie uns ins Havelland nach Brandenburg an der Havel führen. Der besondere Reiz der Region um Bad Belzig liegt im Wechselspiel von Wiesen, Wäldern, Feldern und Obstbaumalleen, trutzigen Burgen und schmucken Dörfern mit alten Feldsteinkirchen.

Stadionsee, Bad Belzig

Nach einem Blick auf die sehenswerte Springbachmühle erreichten wir über Schwanebeck den Ort Baitz. Hier befindet sich die Naturschutzstation des rund 4.500 Hektar umfassenden Schongebietes. Die Station ist gleichzeitig Außenstelle der Staatlichen Vogelschutzwarte des Landes Brandenburg und hat sich insbesondere dem Schutz der stark gefährdeten Großtrappe verschrieben.

Springbachmühle

Nach Trebitz folgten wir der ‚Kleinen Plane‘ bis nach Brück. Der Ort ist ein Bindeglied zwischen Fläming und Havelland. Der Ortsname wird der Stadt Brügge zugeordnet und soll in Bezug zur Siedlungspolitik während der deutschen Ostbesiedlung stehen, die insbesondere Flamen ins Land rief.

Ein wahrlich idyllischer Rastplatz an der ‚Kleinen Plane‘

Bald erreichten wir über den Europaradweg R1 Borkheide, zwischen Beelitz und Bad Belzig im Gebiet der Zauche auf einem eiszeitlichen Sander gelegen. Ein Flugpionierort, wo einst Hans Grade eine Flugzeugfabrik und die erste Flugschule Deutschlands errichtete. Natürlich ließen wir uns nicht nehmen, auf dem ehemaligen Flugplatz, dem örtlichen Hans-Grade-Museum und der Iljuschin II-18 eine Stippvisite abzustatten.

Das älteste Haus in Brück

Durch Borkwalde, mit der größten Holzbausiedlung außerhalb Skandinaviens, führte uns der weitere Weg zwischen den Plantagen der amerikanischen Heidelbeerkulturen ‚talwärts‘ nach Kanin. Den Spargel- und Erlebnishof in Klaistow sahen wir von weitem, bogen jedoch am Kreisverkehr mit seinen überdimensional großen Spargelstangen und einer ständig wechselnden Bepflanzung nach links auf die Beelitzer Spargelstraße in Richtung Kloster Lehnin ab.

Kreisel mit Spargel in Kanin

Am Backofenmuseum in Emstal stießen absprachegemäß weitere Radwanderfreunde zu uns, die hier bereits auf unsere Ankunft gewartet hatten. Auch sie waren schon einige Kilometer von Groß Kreutz hierher geradelt. So nahmen wir erst einmal mitten im Naturschutzgebiet Lehniner Mittelheide und dem Quellgebiet der Emster eine kurze Auszeit. In einer urigen Knorpelschänke am idyllischen Seeufer des Emster Schlauchs, heute als Torfstichsee bekannt, stärkten wir uns mit mitgeführtem Proviant.

Am beschaulichen Mühlenteich, Kloster Lehnin

Kloster Lehnin sollte als nächstes auf unserer ‚To-do-Liste‘ stehen. Nicht jedoch, ohne zuvor noch einen Blick über den zu jeder Jahreszeit sehenswerten Mühlenteich zu werfen, der von der Emster durchflossen wird. Auch der heutige Weg führte uns über das Gelände des gut erhaltenen ersten märkischen Zisterzienserklosters.

Kreuzgang Kloster Lehnin

Die bekannte Klosteranlage von Lehnin wurde 1180 von Markgraf Otto I. gegründet. Das Kloster Lehnin besaß als Hauskloster und Grablege der Askanier und Hohenzollern hohe kirchliche, wirtschaftliche und politische Relevanz. Vorbei am ehemaligen Getreidespeicher und hindurch unter den Resten des Torbogens, verließen wir diesen historischen Ort und steuerten auf das Ufercafé am Klostersee zu.

Mit Blick über den Klostersee ließen wir uns Tortenstückchen, Eisschokolade mit Sahne! (sehr empfehlenswert) bzw. kleinere Snacks munden. So füllten wir den Energiehaushalt für die restlichen Kilometer wieder auf…

Ufercafé am Klostersee

Etwas träge, bevor wir wieder richtig in Schwung kamen, durchquerten wir auf einem ‚rustikalen‘ Wurzelweg ein wunderschönes Gebiet mit dichtem Buchenwald. So erreichten wir wieder die Landstraße nach Damsdorf. Am kleinen Waldsee entlang, ein Biotop, in dem Biber, Gänse und Enten leben, durchfuhren wir das Damsdorfer Fenn.

Waldsee im Damsdorfer Fenn

Ein Abstecher zu einem besonderen Ort in dieser ländlichen Region musste sein: die Familienoase Damsdorf. Am Eingang erwarten den Besucher neben einem Piratenschiff weitere dekorative Märchenfiguren und laden insbesondere Familien mit Kindern zum Übernachten ein.

Familienoase Damsdorf

Unvermutet begegnet man auf dem Weg nach Götz in Schenkenberg einem buddhistischen Tempel: der Phuc Lam Pagode. Sie wurde in der Nähe der ehemaligen Telegrafenstation #5 auf dem Gelände einer früheren Gaststätte im Jahre 2016 errichtet. Danach erfolgte ein schrittweiser Umbau, der 2023 abgeschlossen war.

Die Phuc Lam Pagode in Schenkenberg

Wir überquerten die Gleise am Bahnhof Götz und fuhren vorbei am Götzer Berg mit seinem Aussichtsturm zum Havelradweg. Ob nun zu Fuß oder per Rad ist dieser Weg auf dem Deich immer wieder ein ganz besonderes Erlebnis in naturbelassener Umgebung, ein Rückzugsort von unzähligen bedrohten Tieren und Pflanzen. In sechs Etappen führt der Havel-Radweg von der Quellregion Ankershagen durch die Mecklenburgische Seenplatte, das Ruppiner Seenland, Berlin-Spandau, die UNESCO-Welterbestadt Potsdam, das geschichtsträchtige Havelland und die Altmark bis in die Zielregion Prignitz und über die Landesgrenzen hinaus nach Sachsen-Anhalt.

Blick über die Havel

Hier trafen wir auf das ehemalige Schloss Gollwitz. Es dient heute als Begegnungsstätte für jüdische und nicht jüdische Menschen. Das barocke Gutshaus in Gollwitz stammt ursprünglich aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, mit Neuerungen von 1929. Es befand sich lange Zeit im Besitz der Familie von Rochow.

Schloss bzw. Gutshaus Gollwitz

Zwischen abgemähten Silphiefeldern hindurch erreichten wir die B1 und bogen auf den Radweg in Richtung Wust ab. Es dauerte nicht mehr lange und Brandenburg kam in Sicht. Auf direktem Weg steuerten wir schließlich nach gut 80 Kilometern den Hauptbahnhof an, von wo wir abermals eine abenteuerliche Heimfahrt mit der Deutschen Bahn antraten. Bis auf diese unschönen Erlebnisse, war es aber ein rundum gelungener Radausflug, bei traumhaft schönem Spätsommerwetter.

Hauptbahnhof Brandenburg

Zu meiner Tourenaufzeichnung bei komoot mit weiteren Impressionen verlinke ich hier: https://www.komoot.com/de-de/tour/2589381887/zoom?share_token=aq2oy5VNq1IwU75U7G8em1735vfr4BpJf5VkshyibiSrIAjUnh

Zur Aufzeichnung der Tour von Radwanderfreund Peter führt dieser Link: https://www.komoot.com/de-de/tour/2589371751

Die Tourenaufzeichnung von TinaW findet sich hier: https://www.komoot.com/de-de/tour/2589485377

Bernd F. Bernhard
Zertifizierter DWV-Wanderführer®
Zertifizierter Natur- und Landschaftsführer (BANU)
Spezialisiert auf Mehrtages-, Nacht- und Radwanderungen